Hein die Schildkröte vom Rhein

(Vor-) Lesealter 5-10 Jahre

Hein die Schildkröte vom Rhein ist nicht nur eine lustige Ferienlektüre, sondern vermittelt auch unterhaltsames Wissen über physikalische Phänomene und Geographie.

Hein die Schildkröte vom Rhein, Antje Hansen, Psst Hörmal Verlag

Schildkröte Hein kann sprechen, im Rückwärtsgang Vollgas geben und trägt ein Weltkugel-Navigationsgerät auf dem Rücken.

Er fürchtet sich vor nichts; außer Krokodilen. Alle paar Jahre schlüpft er zurück in seine Eierschale und lässt sich auf seinem Bötchen sämtliche Flüsse der Erde hinauf treiben. – Bis er eines Tages am Kölner Rheinufer an Land gespült wird.

Der zehnjährige Otto und Oma Wiesengrün sind sich schnell einig: Die knapp mandarinengroße Schildkröte Hein wäre ein gefundenes Fressen für Presse und Forschung und muss deshalb unbedingt geheim gehalten werden.

Aber der Jagdinstinkt von zwei wissenschaftlichen Spürnasen aus dem Physikalischen Universitätsinstitut ist durch Heins aufsehenerregendes Bötchen geweckt. Professor Doktor Knautschdidelpink und seine Assistentin, Frau Doktor Dotter, beißen sich an diesem Phänomen die Zähne aus, vermuten schwarze Löcher im Rhein, landen bei Heins Verfolgung in Marokko und Mexiko und sind der kleinen Schildkröte ab und zu ganz dicht auf den Fersen. Doch dann bekommen Hein, Otto und Oma Wiesegrün Besuch von drei Marsbewohnern ...

 

Text und Zeichnungen: Antje Hansen

Taschenbuch - mit größerer Schrift für Selbstleser 127 Seiten, 15 cm x 21 cm

schwarz/weiß illustriert

2. Auflage April 2018

ISBN: 978-3-946506-01-0

€ 9,95

 

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Leseprobe: Hein, die Schildkröte vom Rhein

Kapitel Elf

Nun aber wirklich: Krokodilalarm!

 

Nach dem entbehrungsreichen Kamelritt durch die Wüste haben die beiden wissenschaftlichen Spürnasen am Abend die rettende Wasserstelle erreicht. Der Professor und Frau Doktor Dotter haben mehrere Liter Wasser getrunken und sind danach in ihre Schlafsäcke gekrochen.

Schweißgebadet fährt Professor Doktor Knautschdidelpink aus dem Schlaf auf. „Dotterchen, wachen sie auf“, flüstert er schaudernd. „Der Testudo Globus Invers ist in Gefahr! Wir müssen nach Mexiko!“

Frau Doktor Dotter gähnt verschlafen und stöhnt: „Nach Mexiko? Sie hatten einen Alptraum! Schlafen Sie weiter.“

„Ich habe das Krokodil wiedergesehen, Dotterchen! Das aus der Wüste! Es hat gebrüllt: Ich, Jonas, das Krokodil vom Amazonas, König der Flusskrokodile, werde Rache nehmen! – Er hat den Testdings entführt!“

„Sie haben wirklich eine blühende Fantasie, Professor. Jonas vom Amazonas, wie witzig!“

„Es ist aber wirklich passiert, Dotterchen. Ich spür`s in meinen Fingerspitzen. Realität, kein Traum!“

„Na gut, und was ist dann passiert?“ Resigniert schreibt Frau Doktor Dotter die restlichen Nachtstunden ab.

„Jonas, also der Krokodilkönig, will den Testdings zum 100sten Geburtstag seines Großvaters als Schildkrötensuppe servieren lassen.“

Hein die Schildkröte vom Rhein, Antje Hansen, Psst Hörmal Verlag

„Schildkrötensuppe? Klar! Was auch sonst“, meint Frau Doktor Dotter und entzündet ein Feuer, um sich zu dieser haarsträubenden Geschichte wenigstens einen starken Kaffee zu machen.

„Genau, denn der Testudo hat vor vielen Jahren, als er in Südamerika weilte, bei einem feierlichen Krokodil-Staatsbankett die erlesene Sumpfhuhnpastete durch Gänseblümchensuppe ersetzt und so den Hühnern zur Flucht verholfen. Krokodilkönig Jonas war bis auf die Knochen blamiert und fordert seitdem den Kopf unseres Nobelpreises. – Sie sehen, Dotterchen, wir müssen ihn retten.“

Da hat der Professor ausnahmsweise einmal Recht, denn ich versichere dir, dass sich die Begegnung zwischen Hein und Jonas seinerzeit exakt so zugetragen hat.

 

Am Abend – man beachte die Zeitverschiebung von sechs Stunden zwischen Marokko und Mexiko – kehrt Familie Wiesengrün von ihrem Ausflug zurück.

„Hein! Heeiiiin! Wir sind wieder da!“, ruft Otto.

Heins gemütlicher Liegestuhl liegt verwaist in der Abendsonne.

„Hast du den Hein gesehen?“, erkundigt sich Otto bei Oma Wiesengrün.

Sie lacht: „Der verfressene Kerl hat sich bestimmt den Bauch mit einheimischem Grünzeug vollgeschlagen und macht eine ausgedehnte Siesta. Ich helfe dir beim Suchen.“

Doch sie finden nirgends eine Spur von der kleinen Schildkröte. Nach einer halben Stunde schließen sich die anderen Ausgrabungsteilnehmer der Suche an. Vergeblich. Hein ist wie vom Erdboden verschluckt.

„Hoffentlich ist ihm nichts passiert!“ Otto macht sich große Sorgen.

„Lasst uns den Weg zum Dschungel absuchen. Ab und zu treiben sich hier Wilddiebe herum. Vielleicht ist er in eine ihrer Fallen geraten und kann sich nicht selbst befreien.“ Papa Wiesengrün holt Taschenlampen aus dem Materialzelt.

Die Dämmerung ist mittlerweile tiefer Dunkelheit gewichen. Es sind Mama Wiesengrüns scharfe Archäologenaugen, die Heins Nachricht entdecken.

„Ich hab was gefunden!“, ruft sie. „Hier steht: Jonas war`s!“

„Wer zum Teufel ist Jonas?“, fragt Otto beunruhigt.

„Geheimhaltung hin oder her, Hein ist weg und das nicht freiwillig“, folgert Oma Wiesengrün.

Hein die Schildkröte vom Rhein, Antje Hansen, Psst Hörmal Verlag

Noch in derselben Nacht wird eine Suchkampagne gestartet. Plakate werden gedruckt und dank vieler freiwilliger Helfer an den zentralen und entlegenen Orten Mexikos aufgehängt. Sogar im Radio wird gemeldet:

„Gesucht wird die mandarinengroße Schildkröte Hein. Besondere Merkmale: Er kann sprechen, im Rückwärtsgang Vollgas geben und trägt auf dem Rücken eine Weltkugel. Ein gewisser Jonas soll mit seinem Verschwinden zu tun haben. Sachdienliche Hinweise nimmt die Ausgrabungsstätte Tenam Puente von Comitàn entgegen. Es ist eine Belohnung von 10.000 Pesos ausgesetzt.“

Jetzt heißt es abwarten, ob sich jemand meldet, der Wissenswertes über Heins Verbleib oder den ominösen Jonas berichten kann.

 

Professor Doktor Knautschdidelpink und Frau Doktor Dotter hingegen haben in den frühen Morgenstunden ihre beiden Kamele gegen einen klapprigen Jeep getauscht.

„Zwei Tickets, einfacher Flug von Marrakesch nach Mexiko-City. Gebucht! Boarding ist in fünfundvierzig Minuten, die Flugzeit beträgt dreizehn Stunden.“ Frau Doktor Dotter verstaut zufrieden ihr Smartphone. „Geben Sie mal ein bisschen Gas, Professor! In dem Tempo kommen wir nie an!“

„Das sollte zu schaffen sein. Wir sind so nah dran am Nobelpreis, Dotterchen, ich spür`s in meinen … He da vorne! Mach Platz du lahme Ente!“ Knautschdidelpink drückt auf die Hupe und tritt das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Rücksichtslos jagt er über die Wüstenpiste auf den Flughafen von Marrakesch zu.

 

An dieser Stelle nehme ich dich mit auf die mexikanische Halbinsel Yucatán, wohin Jonas den Hein verschleppt hat, denn dort erleidet unsere kleine Schildkröte gerade unsägliche Qualen.

„Aufhören! Bitte, Jonas, hör auf!“, prustet Hein.

An Vorder- und Hinterbeinen gefesselt, liegt er auf dem Opferstein eines uralten Pyramidentempels.

„Halt die Klappe!“, faucht Jonas, das Krokodil vom Amazonas und fährt mit der Folter fort. Gnadenlos kitzelt er die kleine Schildkröte mit einer Pfauenfeder am Kinn und unter den Fußsohlen.

 „Hi, hi, hi … Jonas … du hast deinen Spaß … hi, hi … gehabt … Hör auf und lass mich gehen …“

Hein windet sich in einem erneuten Kicheranfall.

Hein die Schildkröte vom Rhein, Antje Hansen, Psst Hörmal Verlag

„Das würde dir so passen, was. Nein, nein! Drei Tage musst du noch durchhalten, Freundchen! Dann ist dein zähes Fleisch schön zartgekitzelt und gibt ein wunderbares Aroma für die Schildkrötensuppe. Drei Tage noch! Dann ist Neumond, und dein letztes Stündchen hat geschlagen.“

„Jonas, mach keine schlechten Witze.“

„Kein Witz! Sieh dich um. Wir befinden uns in der Tempelanlage Chichén Itzá, die dem Krokodilgott geweiht ist und seit einiger Zeit mir, dem König, als Palast dient. Du hast die Ehre die Opfergabe bei Opis 100stem Geburtstag zu sein.“ Jonas grinst teuflisch und deutet hinter sich auf einen steinernen Suppentopf.

Verflixt, der meint das ernst, denkt Hein, drei Tage sind ganz schön knapp, da müssen sich Otto und Oma Wiesengrün ordentlich anstrengen, um mich hier rauszupauken ...